Informationseffizienz

Oft werden auf einem Markt Güter, Dienste oder Verträge in verschiedenen Varianten angeboten oder gehandelt. Die Varianten unterscheiden sich hinsichtlich gewisser qualitativer Merkmale. Dann taucht schnell die Frage auf, ob die Preise „genau“ den gebotenen Qualitäten entsprechen oder ob die Relation zwischen Preis und Wert nicht einheitlich ist.

Im ersteren Fall wird ein Kaufinteressent kaum noch eigene Anstrengungen unternehmen, um die Frage der Qualität zu klären: er wird die Qualität direkt aus dem Preis ablesen, wissend, daß alle Qualitäten gleich „preiswert“ sind. Der Preis darf als eine öffentliche und offen liegende Information betrachtet werden.

Sind jedoch die Varianten unterschiedlich preiswert, wird ein Kaufinteressent weitere Informationen beschaffen, selbst wenn dies einen gewissen Aufwand bedeutet, um die nicht offenliegende und nicht immer dem Preis entsprechende Qualität genauer herauszufinden.

Die Frage, ob Preise und Werte einander entsprechen, hat natürlich besondere Bedeutung, wenn es um beträchtliche Investitionen geht, also beim Kauf von Wertpapieren. Hier könnte der Kaufinteressent für sich einen geringeren Informationsstand vermuten und würde dann erst nach aufwendigen Analysen eine Geldanlage tätigen.

Ein Finanzmarkt heißt informationseffizient, wenn sich alle (neuen) Informationen quasi sofort und korrekt in den Preisen aufgrund der (im Prinzip vorliegenden) Informationen mit einem Wertpapier erzielbaren Renditen, sachgerecht risikoadjustiert, widerspiegelt. Diese Definition wird FAMA zugeschrieben, der wiederum auf ROBERTS verweist, der wohl als erster die Idee der Informationseffizienz für die Kursbildung an den Finanzmärkten um 1960 aufbrachte. Später hat JENSEN eine äquivalente Definition formuliert:

Ein Finanzmarkt heißt informationseffizient, wenn es durch Beschaffung und Auswertung von eigenen Informationen nicht möglich ist, eine Anlagestrategie zu konzipieren, die dem direkten Kaufen und Halten (Buy-and-Hold) überlegen wäre, die also nach Transaktionskosten und nach Adjustierung hinsichtlich der eingegangenen Risiken eine höhere Rendite erwarten ließe.

Beide Definitionen besagen, daß in informationseffizienten Märkten weder überbezahlte noch unterbezahlte Wertpapiere gefunden werden können. Alle Wertpapiere sind zu allen Zeitpunkten sachgerecht bewertet. Folglich sind in informationseffizienten Märkten die uninformierten Marktteilnehmer geschützt. Sie haben, wenn sie kaufen, halten, und später verkaufen, dieselbe Performance wie ein aktiver Anleger, der sich informiert und der sich aufgrund der beschafften Informationen ein „Schema“ zurechtlegt, nach dem er Titel kauft und verkauft.

Die erste Definition erlaubt noch eine Folgerung hinsichtlich des Prozesses der Kursentwicklung:

Informationen sind nur neu, wenn sie unerwartet sind, wenn sie überraschen andernfalls hätte man die Nachrichten aus bereits Bekanntem erschließen können.

Nun muß das „Überraschende“ zufällig sein, denn sonst wäre es berechenbar, vorhersehbar. Der Strom neuer Nachrichten also ist rein zufällig.

Da in einem informationseffizienten Aktienmarkt die Kurse zu jedem Zeitpunkt die dann vorhandenen Nachrichten korrekt widerspiegeln, muß der Prozeß der Kursentwicklung ebenso ein Zufallsprozeß sein. Von daher haben mit der Diskussion der Infounationseffizienz der Random-Walk (diskrete Zeitpunkte) oder die Brownsche Bewegung (stetige Zeit) Bedeutung zur Beschreibung der Kurse beziehungsweise der Renditen erlangt.

Ob Aktienmärkte nun informationseffizient sind oder nicht, ist primär eine empirisch zu klärende Frage. Zahlreiche Tests wurden durchgeführt um zu prüfen, etwa ob sich Kursbewegungen als Random-Walk auffassen lassen oder ob es mit gewissen Handelsstrategien möglich ist, Überrenditen zu erzielen. Was das letztere anbelangt, so kommt schnell die Frage auf, welche Informationen genutzt werden dürfen, um eine solche Handelsstrategie zu implementieren.

Aktienmärkte sind nicht stark-informationseffizient. Doch viele empirische Forschungen zeigen, daß die Hauptmärkte (von vereinzelten Gegenbeispielen abgesehen) als semistark-informationseffizient betrachtet werden dürfen. Allerdings wurden Handelsstrategien formuliert, die sogar die schwache Informationseffizienz in Frage stellen.

Für das Management einer Unternehmung lehren diese Betrachtungen die Bedeutung der Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit. Ohne eine klare und formalisierte Struktur der Kommunikationspolitik könnten schnell gewisse Aktionärsgruppen, insbesondere Kleinaktionäre, benachteiligt werden. Zudem wird die Bedeutung von Ankündigungen für die Kursbildung offensichtlich. Da Analysten auf Equity-Stories achten, wird eine Unternehmung ihre Projekte in Art und zeitlicher Struktur so wählen, daß ihr ein beständiger Strom von Ankündigungen möglich ist.


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