Ausbildung: Rechte, Pflichten, Ausbildungszeugnis

Eine gute Planung ist wichtig

Die Weichen für die spätere Berufswahl sollten möglichst frühzeitig gestellt werden. Welche besonderen Neigungen und Interessen haben Sie? Welche Fächer machen in der Schule am meisten Spaß? Die Dinge, für die man sich interessiert, lernt man schneller, leichter und auch lieber. Dies ist allemal eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Ausbildung.

Je nach Schultyp können Betriebspraktika helfen, einen ersten Eindruck von verschiedenen Berufszweigen zu gewinnen. Schüler an Gymnasien sollten in den letzten beiden Schuljahren während der Ferien zwei bis drei Wochen in für sie interessanten Betrieben jobben.

Für welche Ausbildung Sie sich letztlich auch entscheiden mögen — in jedem Fall ist eine qualifizierte Ausbildung wichtig. Sollten Sie nach Abschluss Ihrer Schulausbildung überhaupt nicht wissen, welchen Beruf Sie später einmal ergreifen möchten, kann ein Jahr Auslandsaufenthalt, gekoppelt mit einem Sprachkurs, nützlich sein. Adressen von Organisationen, die Auslandsaufenthalte vermitteln, finden Sie am Ende des Buches.

Was im Ausbildungsvertrag geregelt sein sollte

Für den Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags gibt es keine besonderen Formvorschriften. Das bedeutet, der Vertrag kann zunächst auch nur mündlich abgeschlossen werden. Der Ausbildende ist allerdings verpflichtet, vor Beginn der Ausbildung den wesentlichen Inhalt des Ausbildungsvertrages schriftlich festzuhalten. Dabei sind mindestens folgende Punkte in den Vertrag aufzunehmen:

• Die Art, die sachliche und zeitliche Gliederung sowie das Ziel der Berufsausbildung; insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll

• Beginn und die Dauer der Berufsausbildung

• Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte

• Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit

• Dauer der Probezeit

• Zahlung und Höhe der Vergütung

• Dauer des Urlaubs

• Die Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann

• Ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Berufsausbildungsverhältnis anzuwenden sind.

Der Ausbildungsvertrag ist von dem Ausbildenden, dem Auszubildenden und — sofern dieser minderjährig ist — auch von dessen gesetzlichem Vertreter zu unterschreiben.

Wenn die Dauer der Ausbildung festgelegt wird, sind eventuelle Anrechnungszeiten (z. B. auf Grund der Schulausbildung oder eines Berufsgrundbildungsjahrs) zu berücksichtigen.

Die Probezeit darf zwischen einem und drei Monaten liegen. Wird das Ausbildungsverhältnis gewechselt, muss eine neue Probezeit vereinbart werden. Vor und während der Probezeit sind beide Seiten berechtigt, das Ausbildungsverhältnis ohne jede Begründung und ohne Einhaltung einer Frist schriftlich zu kündigen.

Die Urlaubsdauer ist gesondert für jedes Jahr festzulegen. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt für Jugendliche jährlich:

• Mindestens 30 Werktage für 15-Jährige
• Mindestens 27 Werktage für 16-Jährige
• Mindestens 25 Werktage für 17-Jährige

Die Ausbildungsvergütung muss ebenfalls für jedes Jahr genau beziffert werden. Außerdem hat die Vergütung angemessen zu sein. Die Tarifvertragsparteien können die Höhe der Ausbildungsvergütung bestimmen. Ist der Ausbildende nicht tarifgebunden, darf er bis zu 10 Prozent weniger zahlen, als bei der tariflichen Vergütung vorgesehen ist. Bestehen anzurechnende Zeiten, z. B. durch den Besuch einer Fachschule, erhält der Auszubildende gleich zu Beginn der Ausbildung die Vergütung für das zweite Ausbildungsjahr. Erhalten Auszubildende monatliche Sachleistungen, müssen diese gesondert ausgewiesen werden.

Für Jugendliche beträgt die tägliche Arbeitszeit grundsätzlich höchstens acht Stunden (ohne Ruhepausen). Die Wochenarbeitszeit darf 40 Stunden nicht überschreiten. In Tarifverträgen können allerdings abweichende Arbeitszeiten vereinbart werden. Die Arbeitszeit darf dann täglich höchstens neun Stunden und wöchentlich 44 Stunden betragen. Innerhalb von zwei Monaten muss jedoch durch die entsprechende Anzahl freier Tage die durchschnittliche Arbeitszeit von 40 Wochenstunden sichergestellt werden.

Da für Jugendliche grundsätzlich die Fünftagewoche gilt (S 15 JArbSchG), ist eine Samstags- und Sonntagsbeschäftigung verboten. Ausnahmen gelten nur in besonderen Wirtschaftsbereichen (Gaststättengewerbe, Krankenhäuser etc.).
Die Arbeitszeit für Jugendliche darf in aller Regel nicht vor 6 Uhr morgens beginnen und nicht nach 20 Uhr enden. Ausnahmen sind nur für Schichtbetriebe und im Gaststättengewerbe zulässig, wo Jugendliche über 16 Jahren bis 22 Uhr arbeiten dürfen.

Nach Feierabend muss den Jugendlichen mindestens 12 Stunden ununterbrochene Freizeit bleiben.

Bei einer Arbeitszeit von mehr als 4,5 Stunden haben Jugendliche einen Anspruch auf eine oder mehrere im Voraus festgelegte Pausen von insgesamt mindestens 30 Minuten.

Überstunden müssen angemessen vergütet werden. Für zulässige Sonn- und Feiertagsarbeit muss ein Freizeitausgleich gewährt werden.

Grundsätzlich dürfen mit Auszubildenden keine Vertragsstrafen vereinbart werden. Nichtig sind auch Regelungen, wonach für die Berufsausbildung ein Lehrgeld an den Ausbildenden zu zahlen ist.

Eventuelle Schadensersatzansprüche von Auszubildenden dürfen weder beschränkt, ausgeschlossen oder nur in pauschaler Höhe festgesetzt werden. Ein Anspruch auf Schadensersatz kann beispielsweise entstehen, wenn der Ausbildende seine Ausbildungspflicht schuldhaft verletzt hat.
Wenn der Ausbildende eine besondere Arbeitskleidung vorschreibt, muss er diese auf seine Kosten zur Verfügung stellen. Das sollte ebenfalls im Ausbildungsvertrag festgelegt sein.

Rechte und Pflichten der Auszubildenden

Die Rechte der Auszubildenden sind in erster Linie im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Natürlich gilt daneben auch das allgemeine Arbeitsrecht.
Ziel einer jeden Berufsausbildung soll es sein, eine umfassende Grundbildung sowie die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit im Sinne des jeweiligen Berufsbildes zu vermitteln.

Die sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung ist in einem speziellen Ausbildungsplan festgelegt. Dieser muss Ihnen zusammen mit dem Berufsausbildungsvertrag ausgehändigt werden. Während der Ausbildung dürfen Ihnen nur solche Arbeiten übertragen werden, die zu dem jeweiligen Berufsbild gehören. Daher sollten Sie sich auf jeden Fall mit Ihrem Ausbildungsplan vertraut machen.

Während Ihrer Ausbildung sind Sie grundsätzlich verpflichtet, am Berufsschulunterricht teilzunehmen. Haben Sie an einem Berufsschultag mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens 45 Minuten, dann muss Ihnen Ihr Chef den restlichen Tag freigeben. Diese Regelung gilt allerdings nur einmal pro Woche.

Wenn Sie in der Berufsschule Blockunterricht haben und die Unterrichtszeit an mindestens fünf Tagen mehr als 25 Stunden beträgt, müssen Sie im Betrieb ebenfalls von der Arbeit freigestellt werden. Dasselbe gilt, wenn der Berufsschulunterricht vor neun Uhr beginnt und Sie deshalb nur ganz kurz (ca. eine halbe Stunde) an Ihrem Ausbildungsplatz anwesend sein könnten.
Es ist verboten, Jugendlichen gefährliche Arbeiten oder Tätigkeiten zu übertragen, die ihre Kräfte überfordern oder sie sittlich gefährden könnten.

Ebenso ist Akkord- oder Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn dies für das Ausbildungsziel erforderlich ist oder wenn Jugendliche eine Berufsausbildung für eine solche Tätigkeit abgeschlossen haben und unter fachkundiger Aufsicht arbeiten.

Für Jugendliche gilt ein absolutes Züchtigungsverbot (was eigentlich selbstverständlich sein sollte). Außerdem dürfen am Arbeitsplatz weder Tabak noch alkoholische Getränke an sie abgegeben werden. Verstößt ein Ausbildender gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz, kann er mit einer Geldbuße bis zu 20 000 DM belegt werden. Wird durch einen derartigen Verstoß ein Jugendlicher in seiner Gesundheit gefährdet, droht sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Wenn Sie krank sind, wegen der Berufsschule von der Arbeit freigestellt wurden oder aus anderen Gründen unverschuldet ausfallen, ist der Ausbildende verpflichtet, Ihre Ausbildungsvergütung bis zu sechs Wochen fortzuzahlen. Die Zahlung ist jeweils am letzten Arbeitstag eines Monats fällig.
Kann Ihre Ausbildung aus bestimmten Gründen nur auswärts durchgeführt werden, z. B. in der Hauptverwaltung bzw in einer Filiale, müssen Sie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht selbst tragen. Die Fahrtkosten werden gegebenenfalls vom Arbeitsamt übernommen.

Bei Berufsschulblockunterricht mit auswärtiger Unterbringung gewähren einige Bundesländer einen Kostenzuschuss. Auskünfte hierüber erteilen die Arbeitsämter. In der Regel übernehmen aber die Betriebe freiwillig zumindest einen Teil dieser Kosten. Dagegen werden die Fahrtkosten zur Berufsschule von den Betrieben meist nur bezahlt, wenn dies vertraglich festgelegt wurde.

Der Ausbildende ist verpflichtet, Sie rechtzeitig zu den angesetzten Zwischen- und Abschlussprüfungen anzumelden und Sie für die Teilnahme — wie für den Berufsschulunterricht — freizustellen.

Sollten Sie die Abschlussprüfung nicht bestehen, können Sie von Ihrem Ausbildenden verlangen, dass er den Ausbildungsvertrag bis zur nächsten Prüfung, höchstens aber für ein Jahr, verlängert. Bei erfolgreicher Abschlussprüfung endet damit gleichzeitig das Ausbildungsverhältnis. Anschließend ist der Ausbildende nicht verpflichtet, mit Ihnen auch einen Arbeitsvertrag abzuschließen.

Beschäftigt er Sie jedoch am Ende der Ausbildung weiter, wird dadurch auch ohne offiziellen Arbeitsvertrag ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet.

Wann darf das Ausbildungsverhältnis gekündigt werden?

Nach der Probezeit darf das Ausbildungsverhältnis von beiden Vertragsparteien grundsätzlich nur noch aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Wenn der Auszubildende z. B. die Berufsausbildung aufgeben oder sich für einen anderen Beruf ausbilden lassen möchte, kann er das Ausbildungsverhältnis ordentlich mit einer vierwöchigen Frist kündigen. Minderjährige benötigen hierzu die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters.

Das Ausbildungsverhältnis muss stets schriftlich gekündigt werden. Bei einer Kündigung aus wichtigem Grund oder durch den Auszubildenden selbst ist die Kündigung zu begründen. In der Probezeit ist dagegen eine Begründung nicht erforderlich. Wenn Sie nicht sicher sind, ob eine Kündigung rechtmäßig ist (Kündigungsschutz), sollten Sie sich auf jeden Fall bei Ihrer Gewerkschaft oder einem Anwalt beraten lassen.

Das Ausbildungszeugnis

Wurde Ihr Ausbildungsverhältnis beendet, haben Sie Anspruch auf ein Zeugnis, das Angaben über Art, Dauer und Zeit der Berufsausbildung sowie über die erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse enthält. Außerdem können Sie verlangen, dass in dem Zeugnis Ausführungen über Ihre Leistungen, Ihre Führung sowie über besondere Fähigkeiten gemacht werden.

Ausbildung — wichtige Urteile

Schriftform des Ausbildungsvertrages
Auch wenn die Schriftform des § 4 Absatz 1 Satz 1 BBiG bei einem Berufsausbildungsvertrag nicht eingehalten wird, ist der Vertrag nicht formnichtig. Hieran hat auch die EG-Richtlinie vom 18. 10. 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bestimmungen (Richtlinie 91/533-EWG) nichts geändert.
BAG, 21. B. 1997 — AZ: 5 AZR 713/96

Weiterbeschäftigung nach versäumter Abschlussprüfung
Kann ein Auszubildender krankheitsbedingt nicht an seiner Abschlussprüfung teilnehmen, muss er zunächst weiterbeschäftigt werden. So entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem der Auszubildende zum Zeitpunkt der Prüfung erkrankt war und seine Ausbildung erst ein halbes Jahr später erfolgreich abschließen konnte.
BAG, 30. 9. 1998 — AZ: 5 AZR 58/98

Übernahme in unbefristetes Arbeitsverhältnis
Verlangt ein Auszubildender, der einer Jugend- und Ausbildungsvertretung des Betriebes angehört, innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung seiner Ausbildung schriftlich von seinem Ausbildenden die Weiterbeschäftigung, so gilt gemäß 5 78 a Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.

Der Arbeitgeber kann jedoch spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht begründet werden kann, weil dem Betrieb eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.
BAG, 12. 11. 1997 — AZ: 7 AZR 73/96



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