Kapitalkosten

Kosten sind interne Größen, die den Einsatz von Produktionsfaktoren bei der Leistungserstellung so bewerten, daß mit dem Ziel der Unternehmung harmonierende Entscheidungen rechnerisch möglich sind. Kosten bewerten daher den Ressourcenverbrauch und die Bereitstellung der Kapazitäten für die Leistungserstellung, das heißt, die Bereitstellung von Vermögenspositionen.

Die unternehmerische Leistungserstellung erfordert neben Faktoren wie Arbeit, Energie, Material und Vorleistungen, daß Vermögen vorhanden ist. Es war immer eine betriebswirtschaftliche Frage, wie der Einsatz des Vermögens durch Kosten zu bewerten sei. Hierzu hat es in der Vergangenheit nur punktuelle Antworten gegeben. Eine bezog sich auf die Abnutzung, und Abschreibungen wurden in die Kalkulation als Kosten einbezogen. Eine andere bezog sich auf gewisse Risiken, die im Zusammenhang mit dem Vermögen stehen, und selbstverständlich wurden auch die Risiken, vor allem technische Risiken, kalkulatorisch als Kosten berücksichtigt.
Der Bereitstellung von Vermögen es wurde fmanziert steht jedoch auch Kapital gegenüber.

Kapitalkosten sind ein kalkulatorischer Ansatz für die Ansprüche der Kapitalgeber und sie bewerten daher den Einsatz des Vermögens bei der Leistungserstellung.
Kapitalkosten sind in der Kalkulation nichts neues, wenn es um den Einsatz von Fremdkapital geht. Zinsen und Kosten für die Beschaffung von Fremdkapital, zum Beispiel für die Emission einer Anleihe, waren auch früher Bestandteil der Kalkulation.

Die Differenz zwischen Leistungen und Kosten (einschließlich Fremdkapitalkosten) diente in der Betriebsrechnung dazu, das Ergebnis eine Art von Gewinn kalkulatorisch darzustellen. War die Differenz positiv, galt eine Maßnahme wie etwa der Verkauf eines Erzeugnisses, als vorteilhaft.
Diese Art der Kalkulation hatte also darüber Auskunft gegeben, ob der Gewinn positiv sein würde oder nicht, aber es wurde nicht abgebildet, ob die Höhe des Gewinns die Anspruchsberechtigten befriedigen oder sogar überraschend erfreuen würde oder nicht.

Frühe Arbeiten zum „Sollgewinn“ haben sich nicht durchgesetzt, weil durch die aufkommende Kapitalmarktforschung ein neuer Zugang eröffnet wurde.

Die Kapitalmarktforschung geht von der Beweglichkeit des Kapitals aus. Investoren vergleichen die bei diversen Anlagemöglichkeiten gebotenen Renditen und sind beweglich geworden. Ihre Präferenzen und ihr Verhalten wurde durch die Portfoliotheorie modellartig beschrieben. Insbesondere erwarten Investoren eine Rendite, die neben der reinen Kapitalüberlassung in der Zeit (Zinssatz) auch die Risiken, die mit einem Engagement verbunden sind, honoriert. Die erwartete Rendite auf eine Anlage ist demnach gleich dem Zins plus einer Risikoprämie.

1. Wie genau das Risiko zu messen sei und wie der Zusammenhang zwischen Risiko und Risikoprämie aussieht, wird durch die Modelle der Kapitalmarktforschung beschrieben.

2. Ein gutes Modell sollte sich 1. aus theoretischen Überlegungen ergeben, 2. möglichst einfach sein, und 3. die Empirie gut wiedergeben.

3. Es ist nicht zu hoffen, daß ein so komplexes Geschehen wie das Verhalten der Investoren und die damit verbundene Preisbildung durch ein ideales Modell erfaßt wird.

4. Doch es gibt ein Modell, das dem (nicht existenten) Ideal ziemlich nahe kommt, auch wenn, besonders was den empirischen Gehalt anbelangt, einige Abstriche zu machen sind. Es ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM).

5. Das CAPM besagt, daß Eigenkapitalgeber eine Rendite erwarten, die neben dem Zinssatz eine Risikoprämie beinhaltet, die proportional zum sogenannten Beta ist.

6. Selbstverständlich erwarten die Investoren eine noch höhere Rendite, wenn die Kapitalanlage wenig liquide ist oder wenn zusätzlich das Risiko eines Totalausfalls gegeben ist.
Alle diese Betrachtungen lassen sich in einer Außenperspektive anstellen, ohne in die Unternehmung hinein zu sehen.
Für das Management entsteht nun die Frage, wie eine Kalkulation mit Kapitalkosten konkret aufgebaut ist. Anders formuliert: Wie müssen wir die Entscheidungen in der Unternehmung treffen, damit die Eigenkapitalgeber, wenn sie unsere Entscheidungen beobachten, denken, daß ihre Renditeerwartungen erfüllt werden?
Die Antwort lautet: Alle Entscheidungen in der Unternehmung müssen so kalkuliert werden, als ob der Einsatz von Vermögen beziehungsweise von Kapital so viel kostet, wie die Kapitalgeber als Rendite erwarten. Bei dieser Handlungsmaxime sind die Kapitalkosten so hoch wie die Renditeerwartung. Beide Größen sind wie die beiden Seiten einer Medaille. Die Renditeerwartung betrifft die Außenperspektive, die Kapitalkosten die Innenperspektive.

Drei Beispiele:

Der Preis von Produkten muß so hoch sein, daß auch der Einsatz des betrieblichen Vermögens (Anlagevermögen und Umlaufvermögen) sowie der Einsatz von Wissen und Know-how (Intangibles, Intellektuelles Kapital), mit Kapitalkosten bewertet, gedeckt wird. Ist die erzielte Leistung ebenso hoch wie die Kosten unter Einschluß der Kapitalkosten, dann sind die Investoren gerade zufrieden und beurteilen die Investition als marktgerecht. Ein ganzes Jahr gesehen war eigentlich nur gerade zufriedenstellend, wenn der ökonomische Gewinn die Kapitalkosten deckt. Projekte müssen, um als vorteilhaft betrachtet werden zu können, eine Rendite haben, die wenigstens so hoch ist wie der Kapitalkostensatz. Ist die Projektrendite genauso hoch wie der Kapitalkostensatz, dann sind die Investoren wieder gerade zufrieden und beurteilen die Investition als marktgerecht. Möchte nun die Unternehmung eine Kapitalerhöhung durchführen, dann werden die Investoren indifferent sein. Denn es gibt bereits genug Möglichkeiten, Geld zur marktüblichen Rendite anzulegen.

Sind die beiden eben genannten Differenzen sogar positiv, liegt eine echte Outperformance vor. In diesem Fall wird die Unternehmung, sobald die entsprechenden Sachverhalte im Kapitalmarkt bekannt werden, weitere Investoren anziehen. Der Aktienkurs steigt. Die Aktionäre entdecken, daß die Rendite sogar über dem marktüblichen Niveau liegt. Das Management hat es leicht, Kapitalerhöhungen zu verwirklichen.

Für die Beurteilung von Projekten anhand der Kapitalkosten ist die DCF-Methode die Best-Practice, was den Aufbau der Rechnung zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit anbelangt. Zwar lassen sich gegen die DCF-Methode noch gewisse Einwände aus theoretischer Sicht vorbringen, doch ist sie der Standard geworden.
Hier gilt es zu beachten, daß die Frage nicht nur lautet: Wieviel Kapital muß eingesetzt werden? Die Frage lautet ebenso: Wie riskant ist dieses Kapital investiert?

Bei der DCF-Methode werden Equity-Methode und Entity-Methode unterschieden. Bei der Equity-Methode treten direkt nur die Eigenkapitalkosten in Erscheinung. Bei der Entity-Methode werden Eigenkapitalgeber und Fremdkapitalgeber zu einer einzigen Gruppe von Kapitalgebern zusammengefaßt. Ihre zusammengefaßten Renditeansprüche werden, in der Innenperspektive der Unternehmung, als durchschnittliche Kapitalkosten bezeichnet. Sehr verbreitet ist die Abkürzung WACC (weighted average cost of capital) bezeichnet.

Dabei steht rEK für die Eigenkapitalkosten und iFK der Buchstabe soll an interest (Zins) erinnern für die Fremdkapitalkosten. Wenn, beispielsweise innerhalb der Gruppe der Fremdkapitalgeber, es Untergruppen mit verschiedenen Renditeansprüchen gibt, ist die Liste entsprechend zu erweitern. Die Gewichte in der Formel sind die relativen Anteile von Eigenkapital (EK) und von Fremdkapital (FK).

Diese Größen sind Marktgrößen keine Buchgrößen und auch keine Beschreibung von Ersatzwerten für Vermögenspositionen und zwar aus zwei Gründen: erstens beziehen sich auch die Renditen auf Marktwerte und zweitens entscheidet jeder Aktionär börsentäglich, ob er weiterhin mit dem Marktwert engagiert bleiben möchte. Jener Geldbetrag, der wirtschaftlich rentabel eingesetzt wird, ist der Marktwert.

Selbstverständlich sind die Eigenkapitalkosten rEK höher als die Fremdkapitalkosten iFK . Das führt zu der Versuchung, die Kapitalko
sten dadurch zu senken, daß verstärkt Fremdfinanzierung eingesetzt wird.

Hier unterliegt man jedoch einem Trugschluß. Die Projektrisiken werden durch Fremdfinanzierung nicht geringer, und dasselbe Risiko muß bei einem Mehr an Fremdkapital von dem Weniger an Eigenkapital getragen werden. Die marktgerechte Risikoprämie sie ist ja auf den in Euro ausgedrückten Betrag bezogen steigt daher mit zunehmender Fremdfinanzierung. Einige einfache Rechnungen, die hier nicht ausgeführt sind, belegen, daß bei zunehmender Fremdfinanzierung das Beta und damit die Eigenkapitalkosten ansteigen.

Beide Effekte der Fremdfinanzierung das „günstigere“ Fremdkapital erhält in der Formel für die WACC ein höheres Gewicht und die Eigenkapitalkosten steigen an kompensieren sich. Die durchschnittlichen Kapitalkosten sind daher genauso hoch wie die Eigenkapitalkosten, die sich bei einer reinen Eigenfinanzierung ergeben würden. Diese Erkenntnis geht auf MODIGLIANI und MILLER zurück. Eine Ausnahme bilden Steuern, jedoch nur dann, wenn sie nicht finanzierungsneutral sind.


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