Diversifikation als Risikoausgleich im Portfolio

Mit Diversifikation wird der Effekt des Risikoausgleichs im Portfolio bezeichnet. Gleichsam ist das Risiko eines Portfolios geringer als die Summe der Risiken der einzelnen Anlagen. Ihre Risiken sind teilweise gegenläufig, weil sich die Werte oder Renditen der Einzelanlagen in der Regel nicht perfekt einheitlich entwickeln. Zwecks Diversifikation wird der (risikoaverse) Investor den anzulegenden Betrag teilen und auf mehrere Anlagen streuen. Der Volksmund sagt: „Lege nicht alle Eier in ein und denselben Korb.“

Diversifikation im Portfolio setzt voraus, daß die im Portfolio zusammengefaßten Komponenten nicht in identischer Weise von externen Risikofaktoren abhängen und mit ihnen variieren. Externe Risikofaktoren können die Konjunktur sein, die Währungsparität zum Dollar, die Preise für Rohstoffe, die Inflation oder ein Marktindex.

Für einen Investor ergeben sich die Vorteile der Diversifikation aus der Risikoaversion. Eine Person, die risikoneutral ist, hat durch Diversifikation keinen Vorteil.

Andererseits ist die Diversifikation mit Nachteilen verbunden: es müssen mehr Anlagemöglichkeiten beobachtet werden und die Aufteilung des anzulegenden Betrags auf mehrere Investments hat oft zur Folge, daß die einzelne Beteiligung so klein ist, daß kaum Entscheidungsrechte wahrgenommen werden können.

Wer für sich eher die Vorteile der Diversifikation sieht, verhält sich wie ein Portfolio-Finanzinvestor. Es werden Portfolios aus zahlreichen kleinen Engagements gebildet, und Unzufriedenheit wird durch den Verkauf der entsprechenden Komponente ausgedrückt, nicht aber durch Ausübung von Entscheidungsrechten. Deshalb sollen alle Engagements liquide sein.

Wer eher die oben genannten Nachteile der Diversifikation sieht, verhält sich wie ein Unternehmer. Hier wird der Kapitaleinsatz konzentriert weshalb Entscheidungsrechte durch Management oder durch Führung ausgeübt werden. Deshalb können Investitionen getätigt werden, die wenig liquide sind.
Die Diversifikation ist ein altes Phänomen.

Der Talmud, Zusammenfassung der beiden großen Literaturwerke des Judentums, hat die Diversifikation bereits vor über zwei Jahrtausenden empfohlen: Danach sollte eine vermögende Person ein Drittel in Land, ein Drittel in Geschäften anlegen und ein Drittel sollte liquide gehalten werden.81
Auf die heutige Welt übertragen würde das heißen: Lege ein Drittel Deines Vermögens in Immobilien an, ein Drittel in Aktien, und ein Drittel halte liquide oder in Staatsanleihen, die jederzeit verkauft werden können.

In der modernen Fachsprache wird diese Diversifikation als naiv bezeichnet, weil sie die genauen Diversifikationseffekte, die mit diesen Klassen von Anlageinstrumenten verbunden sind, nicht statistisch und quantitativ untersucht, sondern die Gewichtung eben jeweils ein Drittel ohne weiteres Fachwissen festsetzt.

Mit der klassischen Finanztheorie, die um 1960 von MARKowITz82 und anderen entwickelt worden ist, wurde die Diversifikation quantitativ behandelt. Die Rendite für die kommende Anlageperiode ist unsicher. Sie kann durch eine Zufallsgröße beschrieben werden. Die Anlagemöglichkeit ist um so riskanter, je stärker die Abweichungen der Rendite von ihrem Erwartungswert sein werden. Das Maß dafür ist die Streuung (Standardabweichung, Wurzel aus der Varianz). Folglich wird in der Finanztheorie das Risiko mit der Streuung der Rendite identifiziert. MARKOWITZ zeigte: die Diversifikation im Portfolio ist maßgeblich durch die Korrelation der Renditen untereinander bestimmt.

Selbstverständlich können auch Risiken diversifiziert werden, die nicht durch die Renditestreuung beschrieben werden oder sich auf eine Anlage in Aktien beziehen. Beispielsweise sind hier Ausfallrisiken bei Anleihen zu nennen, die Risiken von Portfolios, die aus Optionen gebildet sind, oder die besonderen Risiken bei Venture-Capital.

Eine komplexe Frage ist, ob eine Unternehmung diversifizieren sollte. Sollte die Unternehmung, anstatt ihr ganzes Kapital und ihre gesamten Ressourcen in einen einzigen Geschäftsbereich zu investieren, diese auf mehrere Geschäftsbereiche verteilen?

1. Intuitiv lautet die Antwort: Ja. Doch ist im Sinne der Arbeiten von MILLER und MODIGLIANI festzuhalten, daß (finanzielle) Maßnahmen des Managements der Unternehmung für die Eigner oder Aktionäre keine Werterhöhung darstellen können, wenn die Aktionäre diese Maßnahmen selbst und zu denselben Bedingungen direkt ergreifen können. Bei vielen Formen der Diversifikation dürfte das der Fall sein.

2. Diversifikation in der Unternehmung wird daher relevant und wertsteigernd, wenn sie zwar von der Unternehmung realisiert werden kann, nicht aber von den Aktionären (im Alleingang). Zum Beispiel kauft eine Unternehmung andere kleine Finnen, bei denen sich die Aktionäre zwar beteiligen wollten, es ihnen aber nicht möglich ist, weil vielleicht die Unternehmung zu klein ist, ein Handel von Aktien nicht stattfindet, oder die informatorischen Barrieren zu groß sind.

3. Diversifikation dürfte auch dann wertsteigernd sein, wenn die Unternehmung durch die Streuung der Geschäftsfelder stabilere Erträge aufweisen kann und deshalb gegenüber den Fremdkapitalgebern eine Verbesserung ihrer Kreditwürdigkeit erreicht.

4. Selbstverständlich wird Diversifikation dann wertsteigernd sein, wenn im Bereich der Realwirtschaft Synergien eintreten (was sich allerdings oft als Wunschtraum erweist), oder wenn Kostensenkungen möglich sind.

5. Heute wird das Unternehmensportfolio nicht nach dem Gesichtspunkt gebildet, daß die zusammengefaßten Geschäftsbereiche irgendwelche Risiken ausgleichen können. Vielmehr werden die Geschäftsbereiche gewählt, damit das immaterielle Kapital der Unternehmung Humankapital, Reputation, Marktkenntnisse am besten gepflegt und gestärkt und genutzt werden kann, wie es die Theorie der Internalisierung der Multinationalen Unternehmung nahelegt.


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