Debt-Capacity (Verschuldungskapazität)

Früher mußte sich eine Unternehmung um einen Kredit besonders bemühen. In ausgeprägter Zurückhaltung hatte die angesprochene Bank, bevor sie den Kredit gewährte, eine Prüfung des Schuldners vorgenommen. Die Bonitätsprüfung sollte eine Entscheidung zwischen Ja und Nein erlauben. Alle akzeptierten Kreditnehmer hatten dann einen einheitlichen Zinssatz zu zahlen.

Heute werden potentielle Kunden vom Commercial-Banking regelrecht umworben: Jede Bank versucht, bei der Akquisition erfolgreich zu sein. Eigentlich erhalten heute alle Interessenten einen Kredit, doch gibt es zwei Einschränkungen.

1. Banken geben Kredite nur bis zu einem Maximalbetrag, der durch die Debt-Capacity des Schuldners bestimmt ist.

2. Banken verlangen einen individuellen Zinssatz, mit dem die erwarteten Ausfallrisiken ausgeglichen werden. Die Ermittlung dieses Zinssatzes beruht auf einer Bonitätsprüfung (Rating).

Die Debt-Capacity ist der Maximalbetrag für das Fremdkapital einer Unternehmung. Die Debt-Capacity bestimmt daher den Höchstbetrag einer Neuverschuldung es ist die Differenz der Debt-Capacity und der bereits bestehenden Schulden. Die Debt-Capacity wird aus dem Cashflow berechnet. Die Best-Practice ist, sie zu bemessen, daß bei Nullwachstum der Cashflow ausreicht, die Schulden weiterhin zu verzinsen und innerhalb von sieben Jahren zu tilgen. Sie wird deshalb mit DC-7 bezeichnet.

1. Für die Berechnung der Debt-Capacity DC-7 wird aus den realisierten Cashflows der letzten Jahre ein nachhaltiger (Freier) Cashflow berechnet. Im einfachsten Fall handelt es sich um einen Durchschnittswert der (Freien) Cashflows der letzten drei Jahre. Diese Größe versteht sich vor Zinszahlungen, eventuell müssen die Zinsen wieder addiert werden.

2. Sodann wird für die Zukunft ein Nullwachstum unterstellt, das heißt, der nachhaltige Cashflow beschreibt unter diesem Szenario alle zukünftigen Cashflows. Nun wird die Möglichkeit der Leistung von Zinszahlungen und die Tilgung von Schulden in Höhe der DC-7 aus dem Cashflow innerhalb von sieben Jahren verlangt. Die DC-7 ist, sofern der Zinssatz positiv ist, etwas kleiner als das Siebenfache des Cashflow (unter Einschluß derzeit vielleicht bereits gezahlter Zinsen). Letztere Größe wollen wir mit CF bezeichnen. Der auf Fremdkapital zu leistende Zins sei mit i bezeichnet; und für den Fall eines positiven Zinssatzes liefert eine Zinseszinsrechnung.

Beispielsweise ist das Verhältnis für i = 8% gleich 4,82 ; in üblichen Bereichen für den Zins beträgt die Debt-Capacity ungefähr das Fünffache des Cashflows.
Zur Berechnung des Freien, nachhaltigen Cashflows wird der Betriebsgewinn (EBIT) als Basis genommen.

Vom EBIT werden die kalkulatorischen Steuern abgezogen. Auch Dividenden werden abgezogen, sofern sie aufgrund der Situation als notwendig erscheinen. Ähnliches gilt für Bonuszahlungen, die in der Unternehmung üblich sind und den Cashflow schmälern.

Sodann werden Abschreibungen addiert und jene Investitionen subtrahiert, die dem Ersatz (im Hinblick auf das Nullwachstum-Szenario) dienen. Auf diese Weise erhält man einen Freien Cashflow.

Für den Fall, daß die Unternehmung bereits Fremdkapital aufgenommen und zu bedienen hat, werden die Zinszahlungen addiert. Daß die für die Tilgung unterstellte Frist gerade sieben Jahre lang ist, sieht willkürlich aus, ergibt sich allerdings aus der Praxis.

Die Debt-Capacity wird von den Banken noch ein zweites mal berechnet, wobei nun eine Tilgungsfrist von zehn Jahren unterstellt wird. Die so ermittelte Debt-Capacity DC-10 ist natürlich etwas größer die gezeigte Formel läßt sich leicht umformulieren. Die Differenz zwischen beiden Beträgen, DC-10 und DC-7 wird als Volumen für eine Mezzanine Finanzierung angesehen, also für Kapital, dessen vertraglicher Cha-rakter zwischen Eigen- und Fremdmitteln einzustufen ist.

Hat eine Unternehmung mit vorhandenem Fremdkapital die Debt-Capacity erreicht, wird eine weitere Verschuldung entweder unmöglich oder ausgesprochen teuer. Eine Nebenbedingung des Wertmanagement verlangt daher, die Finanzen so zu planen, daß hier stets ein gewisser Freiraum für eine Erhöhung des Fremdkapitals bleibt.


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