Abfindung: Anspruch, Höhe und Versteuerung

Was ist unter einer Abfindung zu verstehen?

Bei einer Abfindung handelt es sich um einen Geldbetrag, den Ihnen der Arbeitgeber für den Verlust Ihres Arbeitsplatzes zahlt. Auf diese Weise sollen Nachteile des Arbeitnehmers wie z. B. ein Rückschlag in der Karriereplanung oder eine Prestigeeinbuße gemildert bzw ausgeglichen werden. Häufig set­zen Arbeitgeber die Abfindung auch als Mittel ein, um »lästi­ge« Mitarbeiter zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu animieren und sie so ohne große Komplikationen wie etwa einen Kündigungsschutzprozess loszuwerden.

Wann besteht ein Anspruch auf eine Abfindung?

Ein Rechtsanspruch auf eine Abfindung besteht nur in be­sonderen Fällen. Allerdings bleibt es dem Arbeitgeber unbe­nommen, einem aus dem Betrieb ausscheidenden Mitarbeiter aus bestimmten Gründen eine Abfindung zu zahlen, z. B. wegen langjähriger guter Zusammenarbeit oder weil er frei­willig bereit ist, seine Stelle aufzugeben, um in einer Betriebs­niederlassung in einer anderen Stadt eingesetzt zu werden. Zu den Fällen, in denen Ihnen eine Abfindung gesetzlich zusteht, gehören

· der Anspruch gemäß S 9 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sowie

· die Abfindung auf Grund eines Sozialplans im Sinne des § 112 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Eine Abfindung gemäß § 9 KSchG kommt dann in Betracht, wenn Ihnen der Arbeitgeber gekündigt hat und das Arbeitsge­richt auf Grund Ihrer Kündigungsschutzklage feststellt, dass die Kündigung nicht gerechtfertigt war. Dies hätte grundsätz­lich zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis unverändert fortbe­stünde. Allerdings kann das Verhältnis zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber, z. B. durch eine vorangegangene Beleidigung, so gespannt sein, dass Ihnen eine weitere Mitarbeit in dieser Firma nicht zuzumuten ist. In diesem Fall können Sie in der Gerichts­verhandlung den Antrag stellen, dass das Arbeitsverhältnis gegen die Zahlung einer Abfindung aufzulösen ist. Die Höhe der Abfindung wird dann durch das Gericht festgesetzt.

Für den Anspruch auf eine Abfindung auf Grund eines Sozialplans gilt folgende Voraussetzung: Im Rahmen einer Betriebsänderung (z. B. Stilllegung einer Abteilung in der Firma) wurde zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ein Ausgleich bzw. eine Milderung der damit für die Arbeit­nehmer verbundenen Nachteile vereinbart. Dies sind insbe­sondere wirtschaftliche Einbußen durch den Verlust des Ar­beitsplatzes. Eine derartige Regelung ist ein so genannter Sozialplan im Sinne des § 112 BetrVG.

Ein weiterer Anwendungsfall für die Zahlung einer Abfin­dung, der in der Praxis häufig vorkommt, ist der Prozessver­gleich vor dem Arbeitsgericht. Solch ein Fall ist gegeben, wenn ein Arbeitnehmer gegen seine Kündigung klagt, weil er diese für ungerechtfertigt hält und sich während des Gerichtsver­fahrens herausstellt, dass der Ausgang des Prozesses ungewiss ist. In diesem Fall kann auf Grund des vorliegenden Prozess­risikos das Gericht oder auch der Arbeitnehmer vorschlagen, den Rechtsstreit mit einem Vergleich zu beenden. Kommt der Prozessvergleich zu Stande, wird die Höhe der Abfindung gleich im Gerichtsprotokoll festgehalten.

In welchen anderen Fällen ist die Zahlung einer Abfindung üblich?

Der in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall, in dem der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Abfindung zahlt, ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege eines Aufhe­bungsvertrages. Auf diese Weise versuchen Arbeitgeber oftmals, vor allem Arbeitnehmern, die nur schwer oder gar nicht kündbar wären, einen Anreiz zum Verlassen der Firma zu bieten.

Kommt Ihr Chef mit einem derartigen Angebot auf Sie zu, ist zunächst Vorsicht geboten. Lassen Sie sich keinesfalls zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages drängen und unterschrei­ben Sie nichts zwischen Tür und Angel. Bitten Sie sich zumindest eine Bedenkzeit aus. Sagen Sie Ihrem Chef beispielsweise, dass Sie die Angelegenheit erst mit Ihrem Partner bzw. Ihrer Familie besprechen müssen. Das von Ihrem Chef vorgeschlage­ne Angebot sollten Sie in dieser Zeit dann von einem Anwalt oder Ihrer Gewerkschaft juristisch prüfen lassen.

Aufhebungsverträge können mit erheblichen Nachteilen für Arbeitnehmer verbunden sein (z. B. Sperre für den Bezug von Arbeitslosengeld). Unterschreiben Sie also erst, wenn Sie geklärt haben, dass Ihnen durch den Aufhebungsvertrag kein Schaden entsteht. Näheres zu diesem Thema erfahren Sie unter dem Punkt Aufhebungsvertrag.

Oftmals wird von Arbeitgebern eine Abfindung auch dann gezahlt, wenn einem Arbeitnehmer eine Änderungskündi­gung ausgesprochen wurde und dieser das Arbeitsverhältnis unter den geänderten Voraussetzungen fortführt.

Achtung: Für derartige Abfindungen gelten die sonst üblichen Steuerfreibeträge für Abfindungen nicht.

Außerdem ist in manchen Tarifverträgen die Zahlung von Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gere­gelt. Hierüber können Sie sich bei Ihrem Betriebsrat informie­ren.

Wie hoch ist die Abfindung?

Die Höhe der Abfindung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses ist gemäß §10 KSchG nach dem Lebensalter gestaf­felt. Wenn Sie unter 50 Jahre alt sind, kann die Abfindung bis zu 12 Monatsverdiensten betragen. Sind Sie älter als 50 Jahre und haben mindestens 15 Jahre in der Firma gearbeitet, können Sie bis zu 15 Monatsgehälter erwarten.

Für Arbeit­nehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und die mindestens 20 Jahre in dem Betrieb beschäftigt waren, kann eine Abfindung bis zu 18 Monatsgehältern festgesetzt werden. Ansonsten gilt für alle außergerichtlich vereinbarten Abfin­dungen die Faustregel: Pro Beschäftigungsjahr wird ein halbes Monatsgehalt als Abfindung gezahlt. Hier ist die tatsächliche Höhe der Abfindung aber meist eine reine Verhandlungssache, und es kann hilfreich sein, einen Anwalt einzuschalten.

Wie wird die Abfindung versteuert?

Abfindungen sind nur im Rahmen bestimmter Freibeträge einkommensteuerfrei (S 3 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Zurzeit gelten folgende Höchstbeträge:

Für Arbeitnehmer unter 50 Jahren, die dem Betrieb weni­ger als 15 Jahren angehört haben, beträgt der Abfindungs­freibetrag 16 000 DM.

Ist ein Arbeitnehmer älter als 50 Jahre und hat er länger als 15 Jahre in derselben Firma gearbeitet, beläuft sich der Freibetrag für seine Abfindung auf 20 000 DM.

Ab einem Lebensalter von 55 Jahren und einer Betriebs­zugehörigkeit von mehr als 20 Jahren beträgt der Abfin­dungsfreibetrag für Arbeitnehmer 24.000 DM.

Der Teil Ihrer Abfindung, der den Freibetrag übersteigt, muss dann grundsätzlich ganz normal versteuert werden. Eine kleine Steuerersparnis können Sie allenfalls dadurch errei­chen, dass Sie von der »Fünftel-Regelung«-Besteuerung Ge­brauch machen. Erkundigen Sie sich diesbezüglich bei Ihrem Steuerberater.

Abfindung — wichtige Urteile

Abfindungsvereinbarung »brutto gleich netto«
Will sich der Arbeitgeber im Rahmen eines Abfindungsver­gleichs dazu verpflichten, im Innenverhältnis zum Arbeitneh­mer die Einkommensteuer für den Teil der Abfindung zu übernehmen, der den gesetzlichen Freibetrag übersteigt, so muss dieser Wille der Parteien eindeutig aus der Abfindungs­vereinbarung hervorgehen.
Die häufig verwendete Klausel »brutto = netto« kann dagegen nicht als eine derartige Abrede angesehen werden. In diesem Fall bliebe der Arbeitnehmer weiterhin verpflichtet, die anfal­lende Einkommensteuer selbst zu tragen.
LAG Baden-Württemberg, 17. 4. 1997 — AZ: 11 Sa 132/96

Abfindung im Falle der Betriebsverlegung
Wenn ein Unternehmen einen Betrieb in eine andere Stadt verlegt und aus diesem Grunde ein Teil der Belegschaft von sich aus kündigt, während mit den anderen Mitarbeitern Aufhebungsverträge mit Zahlung einer Abfindung vereinbart werden, so haben die Arbeitnehmer, die selbst gekündigt haben, im Nachhinein keinen Anspruch auf eine Abfindungs­zahlung.
Hierin ist kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erblicken, weil für die Mitarbeiter, die bis zum Umzug des Betriebes dort weiterarbeiten, eine besondere Situation be­steht, die eine spezielle Abfindungsregelung rechtfertigt.
BAG, B. 3. 1995 — AZ: 5 AZR 869/93

Keine Anrechnung des Arbeitslosengeldes
Erhält ein Arbeitnehmer eine Abfindung auf Grund eines Sozialplans nach den Regelungen des Tarifvertrages über den Rationalisierungsschutz für Angestellte, dann muss er sich hierauf das Arbeitslosengeld nicht anrechnen lassen.

Der Grund dafür liegt darin, dass das Arbeitslosengeld eine Lohnersatzfunktion hat und deshalb anderen Zwecken dient als die Abfindung. Diese soll nämlich einen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes bieten.
BAG, 20. 2. 1997 — AZ: 6 AZR 760/95


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