Fortbildung: Pflichten, Klauseln und Fortbildungsvertrag

Was ist ein Berufsfortbildungsvertrag?

Mit Hilfe eines Berufsfortbildungsvertrags soll dem Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz (BBiG) die Möglichkeit eröffnet werden, seine beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, zu erweitern, der technischen Entwicklung anzupassen oder beruflich aufzusteigen. Es handelt sich hierbei um eine besondere Art von Arbeitsverhältnis. Die Regelung von Fortbildungsverträgen erfolgt vor allem durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber im Rahmen eines Fortbildungsvertrages?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer auf dem vereinbarten Gebiet zu schulen bzw schulen zu lassen. Ziel der Fortbildungsmaßnahme muss sein, dem Arbeitnehmer durch die vermittelten Kenntnisse zusätzliche Vorteile zu verschaffen. Es darf sich nicht lediglich um eine Einweisung oder Einarbeitung handeln.

Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer im Rahmen der Fortbildung die betrieblichen Lehr- und Lernmittel zur Verfügung zu stellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss dem Arbeitnehmer auch eine Vergütung gezahlt werden. Außerdem hat der Arbeitgeber die Kosten der Fortbildung zu übernehmen. Dazu zählen u. a. Reise-, Übernachtungs-, Verpflegungskosten sowie die Kosten der Schulung und Unterweisung. Es ist dabei in bestimmten Berufszweigen üblich und zulässig, die Fortbildungskosten zu pauschalieren, so beispielsweise in den so genannten Ingenieuranwärterverträgen.

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaub und — soweit die Fortbildung im Betrieb des Arbeitgebers durchgeführt wurde — auf ein Zeugnis.

Welche Pflichten hat ein Fortzubildender?

Die Hauptpflicht eines Fortzubildenden besteht darin, das Ziel der vereinbarten Fortbildung zu erreichen. Dies setzt natürlich voraus, dass er u. a. die vorgesehenen Kurse besucht, den Lehrstoff erarbeitet und die betrieblichen Fortbildungsarbeiten erledigt.

Ähnlich wie einem Auszubildenden obliegen dem Fortzubildenden dabei Obhuts- und Sorgfaltspflichten, deren Verletzung zur Schadensersatzpflicht führen können.

Wann endet der Fortbildungsvertrag?

Eine Fortbildungsmaßnahme endet entweder mit dem Ablegen der berufsrechtlich hierfür vorgeschriebenen Prüfung oder durch den Ablauf des vorgegebenen Zeitrahmens. Letzteres gilt auch, wenn Sie die vorgesehene Prüfung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelegt haben. In diesem Fall haben Sie allerdings einen Anspruch darauf, Wiederholungsprüfungen zu absolvieren — auf eigene Kosten. Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, Sie dafür von der Arbeit freizustellen.

Während des bestehenden Fortbildungsvertrages darf grundsätzlich keine ordentliche Kündigung erfolgen. Dagegen kann — wie in einem »normalen« Arbeitsverhältnis — jederzeit aus wichtigem Grunde außerordentlich gekündigt werden. Ein solcher »wichtiger Grund« wäre beispielsweise auch anzunehmen, wenn auf Grund der bisherigen Leistungen des Fortzubildenden davon auszugehen ist, dass er das Fortbildungsziel nicht erreichen wird. Ein Fortzubildender darf seinerseits außerordentlich kündigen, wenn er die Fortbildungsmaßnahme nicht mehr fortsetzen möchte. In diesem Fall muss er seinem Arbeitgeber die durch die Fortbildung entstandenen Auslagen ersetzen, sofern dieser ihm eine angemessene Einarbeitungszeit gewährt hat.

Sobald die Fortbildungsmaßnahme beendet ist, leben grundsätzlich die Pflichten aus dem daneben bestehenden Arbeitsverhältnis wieder auf. Etwas anderes gilt nur, wenn vereinbart wurde, dass mit dem Ende der Fortbildung auch das Arbeitsverhältnis beendet sein soll.

Welche Bedeutung haben Rückzahlungsklauseln?

Da die Arbeitgeber die Kosten der Fortbildung übernehmen, um gut qualifizierte Mitarbeiter im Betrieb zu beschäftigen, vereinbaren sie mit Fortzubildenden häufig so genannte Rückzahlungsklauseln. Diese treten in Kraft, wenn sich Arbeitnehmer nach Beendigung der Fortbildung anderswo eine Stelle suchen. Es handelt sich hierbei um Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Darin verpflichtet sich der Arbeitnehmer, Aufwendungen, die der Arbeitgeber in der Erwartung einer längerfristigen Betriebszugehörigkeit des Fortzubildenden erbracht hat, entweder ganz oder anteilig zurückzuzahlen, sofern er innerhalb einer bestimmten festgelegten Frist nach der Fortbildungsmaßnahme den Betrieb verlässt.

Derartige Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten sind nach dem juristischen Prinzip der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig. Sie können jedoch auf Grund von Gesetzen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen eingeschränkt werden.

So legen die tarifvertraglichen Regelungen im Krankenpflegebereich beispielsweise fest, dass der Arbeitnehmer im Falle des Ausscheidens während des ersten Jahres nach der Fortbildungsmaßnahme die vollen Aufwendungen, im zweiten Jahr zwei Drittel und im dritten Jahr ein Drittel der Kosten erstatten muss.

Rückzahlungsklauseln sind nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sie den Fortzubildenden nicht in einer unangemessenen Weise an den Betrieb binden oder in seinem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Grundgesetz) verletzen. Demzufolge hat das Bundesarbeitsgericht Rückzahlungsklauseln vor allem dann nicht beanstandet, wenn der Mitarbeiter »eine wirtschaftliche, den Marktwert seiner Arbeitskraft erhöhende Ausbildung« erhalten hat. Dabei darf die Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers umso höher sein, je größer der mit der Fortbildung verbundene berufliche Vorteil für ihn ist.

Zu solchen Vorteilen zählen z. B. allgemein bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder die Befähigung, höher vergütete Aufgaben übernehmen zu können. Rein betriebsbezogene Bildungsmaßnahmen, die allein im Interesse des Arbeitgebers liegen (wie etwa die Einarbeitung auf dem konkreten Arbeitsplatz), fallen nicht darunter.

Rückzahlungsvereinbarungen müssen ausdrücklich vor dem Beginn der Ausbildung getroffen werden. Während des Ausbildungsverhältnisses sind Rückzahlungsklauseln unzulässig. Besondere Formvorschriften gibt es nicht.

Wie lange ist man nach der Fortbildung an den Betrieb gebunden?

Ob die Bindungsdauer in einer Rückzahlungsklausel zulässig ist, hängt in erster Linie von der Lehrgangsdauer ab.

• Bei einer Fortbildungsmaßnahme von bis zu zwei Monaten darf die Bindungsfrist nicht länger als ein Jahr sein.

• Dauert die Fortbildung 6 bis 16 Monate, kann die Bindungsfrist bis zu drei Jahre betragen.

• Wurde durch die Zusatzausbildung eine besonders hohe Qualifikation mit überdurchschnittlichen Vorteilen erlangt, darf die Bindungsdauer im Einzelfall auch länger als drei Jahre sein (bis zu fünf Jahren im Falle eines so genannten Ingenieur- und Fachlehrer-Ausbildungsvertrages).

Fortbildung — wichtige Urteile

Keine Rückzahlungspflicht bei Arbeitgeberkündigung
Ein Arbeitgeber darf nur dann von einem Arbeitnehmer die Rückzahlung von Ausbildungskosten verlangen, wenn dieser entweder selbst kündigt oder durch sein vertragswidriges Verhalten den Arbeitgeber zur Kündigung veranlasst hat. Dagegen kann ein Arbeitgeber im Falle einer betriebsbedingten Kündigung keine Rückzahlung von Ausbildungskosten fordern.
BAG, 13. S. 1998 — AZ: S AZR 247/97

Rückerstattung von Lehrgangskosten
Ein Arbeitnehmer, der an einer berufsbegleitenden Fortbildungsmaßnahme teilgenommen hat, muss seinem Arbeitgeber die Lehrgangskosten beim vorzeitigen Ausscheiden aus der Firma nur dann erstatten, wenn ihm die Weiterbildung einen beruflichen Vorteil erbracht hat.
BAG – AZ: 5 AZR 498/95

Kosten für Fortbildungsseminar
Unternehmer sind grundsätzlich verpflichtet, die Kosten für die Teilnahme ihrer Mitarbeiter an von ihnen vermittelten Fortbildungsseminaren zu tragen. Dies gilt auch für Seminare, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden.
ArbG Frankfurt/Main – AZ: 9 Ca 1223/99


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