Finanzkennzahlensysteme

Finanzkennzahlensysteme sind feste, (arithmetische) Verknüpfungsregeln für verschiedene einzelne Finanzkennzahlen. Durch die Verbindung der Kennzahlen wird ein einwertiges Urteil über das zu analysierende Unternehmen oder auch einzelne Betriebsteile möglich. Gleichzeitig vermeidet man das Problem sich widersprechender Einzelurteile, das bei nahezu jeder auf Einzelkennzahlen beruhenden Finanzanalyse auftritt.
Unterschieden werden zwei Arten von Kennzahlensystemen:

Logisch-deduktive Kennzahlensysteme leiten eine Oberzielgröße baumartig, d.h. schrittweise detailliert aus vielen Einzelwerten ab. Bei dem bekanntesten, dem Du Pont-Kennzahlensystem, ist die abgeleitete Zielgröße der ROI (Return an Investment). Die Gewinngröße wird dabei aus den fixen Kosten und dem Deckungsbeitrag ermittelt, wobei letzterer aus Nettoumsatz abzüglich variabler Kosten besteht. Auch das investierte Kapital wird ähnlich aus mehreren Einzelzahlen zusammengestellt, wobei die Tiefe der Gliederung mit intern verfügbaren Informationen beliebig gesteigert werden kann. Ähnliche Kennzahlensysteme sind das Pyramid Structure of Rations- und das ZVEI-Kennzahlensystem.

Logisch-deduktive Systeme werden neben der externen Erfolgsanalyse auch intern für die Steuerung von Betriebsteilen eingesetzt. Hierfür ist jedoch zu prüfen, ob allein der ROI als Steuerungsgröße maßgeblich sein kann oder ob nicht andere Faktoren, wie z.B. Marktanteilsziele, Liquiditäts- und Beschaffungsrestriktionen ebenfalls in das Zielsystem aufgenommen werden müssten.

Eine andere Arbeitsweise gilt für empirisch-induktive Kennzahlensysteme. Sie werden allein für die externe Finanzanalyse bestimmt. Je nach Zielsetzung wird aus einer Stichprobe von je 50% solventen und insolventen (oder erfolgreichen/erfolglosen) Unternehmen eine (meist lineare) Trennfunktion, die aus einigen (zwei bis sechs) Einzelkennzahlen besteht, ermittelt. In diesem mathematisch-statistischen Prozess (Verfahren der Diskriminanzanalyse) werden erst die trennfähigsten Jahresabschlusskennzahlen aus einem Katalog möglicher Kennzahlen ausgewählt und dann deren Gewichte bestimmt, die die Bedeutung für die Diskriminierung repräsentieren. Für jedes zu analysierende Unternehmen erhält man einen Wert der Trennfunktion. Liegt dieser über dem empirisch ermittelten Grenzwert, so ist die Insolvenz-/Erfolgsprognose positiv, andernfalls wäre sie negativ.

Vorteilhaft ist bei den empirisch-induktiven Systemen die schnelle und eindeutige Klassifizierung. Die Aufstellung der Trennfunktion erfordert allerdings aufwendige Rechenvorgänge. Von betriebswirtschaftlicher Seite wird teilweise Skepsis hinsichtlich der Prognosekraft der ausschließlich aus (alten) Jahresabschlüssen ermittelten Ergebnisse geäußert. Grundlage der Kritik ist u.a., dass die zeitliche Stabilität der Trennfunktion nicht garantiert ist. Empirisch-induktive Kennzahlensysteme sind daher bevorzugt in Kombination mit anderen Analyseinstrumenten einzusetzen, da sonst leicht Fehldiagnosen auftreten.

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