Dienstleistungscontrolling

Es ist davon auszugehen, dass sich die Controllingaufgaben in Dienstleistungsunternehmungen nicht in grundsätzlicher Weise von denen in der Industrie unterscheiden, sondern dass die zu identifizierenden Unterschiede eher graduellen Charakter aufweisen. Um diese graduellen Unterschiede aufzeigen zu können, erscheint es zweckmäßig, an den sog. Dienstleistungsbesonderheiten anzuknüpfen.

Auch wenn in der Literatur eine äußerst kontroverse Diskussion über Sinn und Zweck der Besonderheiten von Dienstleistungen und Dienstleistungsunternehmungen geführt wird, so lassen sich doch für das Dienstleistungscontrolling die Aspekte Immaterialität, Integration des externen Faktors und die Interaktivität sowie die Mehrstufigkeit und Simultanität herausstellen.

Die Immaterialität erschwert eine eindeutige Leistungsdefinition, d.h., es ergeben sich Probleme im Rahmen der Quantifizierung von Zielformulierungen hinsichtlich des Output. Diese wird dadurch in besonderem Maße erschwert, dass einerseits zwischen Qualität und Quantität der Leistung interdependente Beziehungen existieren und anderseits, bedingt durch die Integration des externen Faktors, die Qualität nicht nur durch den Leistungsgeber,
sondern auch den Leistungsnehmer beeinflusst wird.

Es ist letztlich damit nicht sicherzustellen, dass der Nachfrager zu unterschiedlichen Zeiten immer eine qualitativ gleiche Leistung erhält und die geplante Qualität erreicht werden kann, da der Nachfrager im Rahmen seiner Integration auf die Qualität in inadäquater Weise Einfluss genommen hat.

Für diese Indeterminiertheit der Qualität lassen sich damit die beiden folgenden Punkte herausstellen:

Inter- und intraindividuelle Schwankungen auf Seiten des Dienstleistungsanbieters und des -nachfragers.

Wechselwirkungsbedingte Schwankungen aufgrund der Interaktionen zwischen dem Dienstleistungsanbieter und -nachfrager, der Nachfrager untereinander und zwischen den Mitarbeitern der Dienstleistungsunternehmung.

Durch die Integration des externen Faktors im Rahmen der Endkombination und der dadurch bedingten Interaktivität zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager wird die konkrete Leistungsausprägung durch den externen Faktor determiniert. Gerade personenbezogene Dienstleistungen werden entscheidend durch die individuellen Eigenschaften der an der Dienstleistungserstellung beteiligten Personen beeinflusst.

In diesem Zusammenhang erlangt der Aspekt der Verhaltensbeeinflussung durch das Controlling besondere Bedeutung und zwar sowohl hinsichtlich der internen Leistungserbringung als auch beim externen Faktor, falls dieser als Nachfrager in den Leistungserstellungsprozess integriert wird.

Diese Überlegung führt zu einer prozessorientierten Betrachtungsweise, die sich in produktionswirtschaftlichen Dimensionen durch ein Denken in „Input – Aktivität – Output“ niederschlägt. Dabei bietet es sich etwa an, mit Standardwerten je Mengeneinheit der einzelnen Tätigkeiten in Minuten zu arbeiten oder, wie in der – Prozesskostenrechnung, mit Prozesskostensätzen. Beide Vorgehensweisen setzen jedoch voraus, dass die Prozesse sich in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholen, so dass sog. „Standards of Performance“ festgelegt werden können. Dies geht von der Voraussetzung aus, dass es sich um standardisierte Leistungen handelt, die ständig wiederkehrend erbracht werden, so dass eine Vorgangskalkulation realisierbar ist.

Grundlage für diese prozessorientierte Betrachtung können sog. Prozessstrukturlisten sein, in denen in Analogie zur Stückliste die einzelnen Teilprozesse und Aktivitäten in ihren Abhängigkeiten erfasst werden (Aktivitätskette). Als Visualisierung kann dabei auf das Blueprinting zurückgegriffen werden. Hierbei wird der Dienstleistungsprozess in der Form eines Flussdiagramms erfasst, wobei durch die Aufnahme einer Kontakt- und Sichtbarkeitslinie deutlich wird, welche Aktivitäten durch den Kunden, durch die Interaktion Kunde/Anbieter und ausschließlich durch den Anbieter erbracht werden.

Dabei erscheint es zweckmäßig, die durchzuführenden Aktivitäten danach zu unterscheiden, ob sie in Anwesenheit und mit Beteiligung des Nachfragers erfolgen oder in dessen Abwesenheit, da hierdurch die Gestaltungsfreiräume des Leistungserbringers beeinflusst werden können. Mit diesem Instrument lassen sich die einzelnen Aktivitäten und Interaktionen offenlegen und dann analysieren, ob Aktivitäten überhaupt erforderlich sind, d.h. es geht insbesondere um die Identifikation unnötiger Prozesse und wie die einzelnen Aktivitäten zweckmäßig zu erbringen sind.

Eine Prozesssteuerung kann jedoch auch mit Hilfe von Input- bzw. Outputgrößen erfolgen. Dabei können Kennzahlensteuerungen (Kennzahlen) oder eine Zielvorgabe bzw. -vereinbarungen zum Einsatz gelangen. Der Mitarbeiter entscheidet in diesem Fall über den Weg der Leistungserstellung. Eine zusätzliche Reglementierung kann dabei über Qualitätsanforderungen realisiert werden. Dies zeigt, dass eine Output- bzw. Inputstandardisierung eine Prozessstandardisierung ersetzen kann (Standardisierung von Dienstleistungen).

Liegt hingegen eine weitgehend individuelle Dienstleistung vor, dann lässt sich das Mengen- und Zeitgerüst nur schätzen. Üblich ist in diesem Zusammenhang eine auftragsweise Vor- und Nachkalkulation.

Dabei hat sich eine heuristische Vorgehensweise herausgebildet, die die folgenden Schritte umfasst:

1) Aufbau einer Ist-Datensammlung durch permanente Erfassung relevanter Merkmalsausprägungen der durchgeführten Dienstleistungsprozesse.

2) Bildung einer Soll-Vorstellung für die einzelnen durchzuführenden Teilprozesse, wobei die Genauigkeit dieser Werte vor allem von dem Bekanntheitsgrad der von der Unternehmung zu erbringenden Leistungen abhängt, d.h., inwieweit auf Daten von gleichen oder ähnlichen Leistungen zurückgegriffen werden kann.

3) Festlegung der Einsatzzeit für einen intendierten Prozess auf der Grundlage der Soll-Vorstellung unter Beachtung der Ist-Daten. Bedingt durch die Varietät der Leistungen bietet es sich an, markante Aktionen des Erstellungsprozesses zu bestimmen, mit deren Hilfe dann der Weg von der Ausgangssituation zum intendierten Ergebnis erfasst wird.

Die sich daraus ergebenden Einsatzzeiten werden i.d.R. nicht mit den tatsächlichen Zeiten übereinstimmen, wobei insb. personendominante Dienstleistungen häufig nicht in vollem Umfang in ihrem detaillierten Ablauf voraussehbar sind. Sie stellen aber zumindest einen Ausgangspunkt dar, Abweichungsursachen zu identifizieren und Abweichungen in Grenzen zu halten.

Daraus ergibt sich für das Controlling die Notwendigkeit, sowohl eine Ergebnis- als auch eine Verfahrenskontrolle durchzuführen, d.h. der Frage nachzugehen, ob die geplanten Handlungsanweisungen auch zur Anwendung gelangen. Dabei kann ein Betriebsdatenerfassungssystem (BDE-System, Betriebsdatenerfassung), das Mengen- und Zeitgrößen erfasst, eine wertvolle Unterstützung bieten und das Rechnungswesen, in dem Wertgrößen erfasst werden, ergänzen. So können einerseits Abwicklungs-, Erstellungs- und Wartezeiten und anderseits Personal-, Produkt- und betriebsmittelbezogene Informationen erfasst und entsprechend aufbereitet werden.

Unter Mehrstufigkeit wird im Rahmen der Dienstleistungsproduktion die Einteilung in Vor- und Endkombination bezeichnet. Die Vorkombination stellt einen innerbetrieblichen Faktorkombinationsprozess dar, mit dem Ziel, eine entsprechende Leistungsbereitschaft zu erstellen.

Die Endkombination ist dadurch charakterisiert, dass diese Leistungsbereitschaft mit weiteren internen Produktionsfaktoren und dem zu integrierenden externen Faktor die Dienstleistung erbringt. Als Controllingaufgaben ergeben sich bei der Vorkombination Fragen der Kapazitätsdimensionierung (Kapazitätsmanagement im Dienstleistungsunternehmen) und im Rahmen der Endkombination Anpassungsfragen an wechselnde Absatz- und Produktionsmengen. Aufgrund der durch den externen Faktor induzierte hohe Fremdbestimmtheit und dem damit verbundenen unregelmäßigen Nachfrageanfall ergibt sich für das Controlling ein zu gestaltendes Leerkostenproblem im Rahmen der laufenden Kapazitätsauslastungskontrolle. Ein systematisches Fixkostenmanagement ist dabei unabdingbar (z.B. Nutz- und Leer-kostenanalysen, betriebsbereitschaftsgradorientierte Kostenanalyse).

Bei personalintensiven Dienstleistungen ist ein Problem darin zu sehen, dass die Personalkosten in diesem Bereich bis zu 70% der Gemeinkosten betragen können, d.h. die Kostenplanung hat ihren Schwerpunkt auf die Personalkosten zu legen. Hieraus resultieren Probleme für eine verursachungsgerechte Erfassung der Personalkosten. Auch in diesem Zusammenhang erlangt die BDE eine hohe Bedeutung, da sie die Anwesenheits- und Abwesenheitszeiten erfassen muss. Darüber hinaus ist das BDE-System gefordert, die mit der Leistungsbereitschaft verknüpften Probleme, wie etwa die Planung des nachfragebedingten Personaleinsatzes und die Kapazitätsbedarfsplanung, zu unterstützen.

Bedingt durch die partielle Simultaneität zwischen Produktion und Absatz und die damit einhergehende Interaktivität ergeben sich im Dienstleistungsbereich gute Voraussetzungen zum Aufbau eines Fremdcontrolling bei gleichzeitigem Aufbau eines Selbstcontrolling (Selbst- und Fremdcontrolling), um sich damit einem „Total Controlling“ anzunähern.

Damit wird das Controlling eine Sache für „Jedermann“ und es zeigt sich erneut die Bedeutung der Verhaltensbeeinflussung durch das Controlling. Zur Einführung des Selbstcontrolling bietet sich dabei insb. die Endkombination und zwar bedingt durch die Fremdbestimmtheit durch den externen Faktor, an, da gerade die Mitarbeiter in dieser Phase der Leistungserstellung auch die Möglichkeit haben, auf den externen Faktor einzuwirken und diesen damit ebenfalls in das Selbstcontrolling einbinden können.

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